Das Frauenstraflager

Das Frauenstraflager in Flußbach bei Wittlich war zwischen 1942 und 1944 für mindestens 1.992 Frauen eine Zwischen- oder Endstation auf ihrem Haft- und Deportationsweg in deutschen Gefängnissen, Zuchthäusern und Konzentrationslagern.

Das Flußbacher Lager bestand vom 15. August 1942 bis zur Auflösung desselben Ende September 1944. Untergebracht waren die Häftlinge des Lagers in Baracken, die zuvor für die Unterbringung von Arbeitern im Bau der Reichsautobahn verwendet worden sind. Das Bild zeigt die Baracken vom Ortsrand des kleinen Eifeldorfes aus gesehen. Neben dem Hauptlager in Flußbach existierten 3 an Fabriken angegliederte Außenlager und mindestens 26 temporär betriebene Außenkommandos, die meist in kleineren Betrieben oder Land- und Weinwirtschaft der Region eingesetzt worden sind. Die größten Außenlager befanden sich in Gillenfeld (angegliedert an eine Kartoffeltrocknungsfabrik), in Gusterath-Tal bei der ROMIKA und beim "Gerolsteiner Brunnen" (heute "Gerolsteiner Sprudel").

Die häftlingsgesellschaft des lagers

In der Anfangsphase des Lagers machten reichsdeutsche Frauen den Großteil der Häftlinge aus. Diese waren meist "regulär" verurteilte Strafgefangene, die ihre Haftzeit unter anderem im Flußbacher Lager zu verbüßen hatten. Ab 1943 nahm die Einlieferung ausländischer Frauen zu. Die Präsenz von Französinnen und Luxemburgerinnen prägte in der Folgezeit den Lageralltag, den Umgang des Wachpersonals mit den Häftlingen und damit auch die Wahrnehmung des Lagers durch die inhaftierten Frauen. Die französischen Frauen sind zum großen Teil der Gruppe der "Nacht-und-Nebel" (NN)-Häftlinge zuzuordnen und haben damit ebenso wie die meisten Luxemburgerinnen, die einen Teil ihrer Deportation in Flußbach verbrachten, aktiv Widerstand gegen die nationalsozialistische Besatzung geleistet. Neben diesen drei großen Häftlingsgruppen sind auch Frauen aus Osteuropa nachweisbar, die meist zunächst als Zwangsarbeiterinnen verschleppt worden sind und schließlich in das Lager Flußbach gerieten.

Familien im Widerstand

Eine Besonderheit des Frauenstraflagers in Flußbach und des SS-Sonderlagers/KZ Hinzert, das ein reines Männerlager war, besteht in den zahlreichen bereits nachweisbaren familiären Verbindungen zwischen den beiden NS-Haftstätten. Zum jetzigen Zeitpunkt sind mindestens 144 Ehe- und Familienschicksale nachvollziehbar, die meist auf eine gemeinsame Aktivität in Widerstandsaktionen und Widerstandsorganisationen zurückzuführen sind. Ein biographisches Beispiel ist das der bretonischen Familie Hascoët. Sowohl die beiden Elternteile als auch die Söhne der Familie wurden von ihrer Heimat aus deportiert, weil sie als Teil einer gut vernetzten Widerstandsgruppe (réseau Pat O'Leary) abgestürzte US-amerikanische Flieger versteckt, versorgt und mit falschen Papieren ausgestattet außer Landes schleusen wollten. Sie wurden als "NN"-Häftlinge nach Deutschland deportiert. Die obige Karte zeigt ihren Deportationsweg, den nur der jüngste Sohn überlebte. Seine Mutter starb kurz nach der Befreiung auf dem Transport in die Heimat am Bodensee, der Vater im Konzentrationslager Groß-Rosen und der ältere Bruder nur wenige Tage vor der Befreiung im Konzentrationslager in Dachau.

Zeitzeuginnen

Eine seltene Gelegenheit bot sich der Historikerin Lena Haase, die sich mit der Geschichte des Frauenstraflagers Flußbach befasst, im November 2018. Sie hatte die Gelegenheit mit der damals 97-jährigen Odile Benoist-Lucy zu sprechen. Die Französin war im Alter von 22 Jahren gemeinsam mit ihrer Schwester verhaftet worden und als "NN"-lerin nach Deutschland deportiert worden. Sie durchlief neben dem Frauenstraflager Flußbach auch das Gefängnis Köln-Klingelpütz, das Zuchthaus Allendorf, das Konzentrationslager Bergen-Belsen und das Gefängnis Hamburg-Fuhlsbüttel, bevor sie am 21. Mai 1945 befreit wurde.