KI-gestützte Infrastruktur zur Zeitzeugen-, Erinnerungs- und Quellenforschung (KIZEQ)

Die digitale Transformation stellt die historische Forschung und erinnerungskulturelle Vermittlung vor neue methodische Möglichkeiten und tiefgreifende Herausforderungen. Mit dem fortschreitenden Verlust der letzten Zeitzeug:innen der Shoah und anderer NS-Verfolgungskontexte gewinnt der Zugang zu archivalisch überlieferten Quellen an Bedeutung. Sie müssen systematisch erschlossen, digital verfügbar gemacht und methodisch weiterentwickelt werden, um künftig als Grundlage einer forschungsbasierten digitalen Erinnerungskultur dienen zu können.

 

Eine bislang kaum genutzte, zugleich außerordentlich dichte Quellengruppe bilden die Wiedergutmachungsakten des Amtes für Wiedergutmachung (AfW) in Saarburg. Mit über einer Million Einzelfallakten dokumentieren sie nicht nur juristisch-administrative Verfahren, sondern auch ein breites Spektrum biografischer Selbstzeugnisse, Gutachten und Zeugenaussagen von Überlebenden der NS-Verfolgung, vielfach aus dem nicht-europäischen Ausland. Bisher fehlt jedoch eine Infrastruktur, die diese Quellen forschungsnah, interaktiv und quellengerecht erschließt.

 

KIZEQ reagiert auf diese Lücke mit dem Aufbau einer neuartigen, modularen Informationsinfrastruktur. Ziel ist es, historische Quellen zur NS-Verfolgung, insbesondere die biografisch geprägten Wiedergutmachungsakten, digital zu erschließen, semantisch zu analysieren und über interaktive Interfaces zugänglich zu machen.

 

Ausgangspunkt ist eine repräsentative Stichprobe aus dem AfW-Bestand, die im Teilprojekt KIZEQ/CORE systematisch digitalisiert, annotiert und in einem FAIR/CARE-konformen Korpus aufbereitet wird.

Darauf aufbauend entwickelt KIZEQ/ENGINE ein domänenspezifisches KI-Analysemodell, das semantische Muster, erinnerungskulturelle Topoi und diskursive Strukturen erkennt, ohne narrative Komplexität zu nivellieren.

In der dritten Phase, KIZEQ/DIALOGUE, entsteht schließlich ein dialogisches Front-End, das eine adaptive Navigation durch die erschlossenen Quellen ermöglicht und auf einem forschungsbasierten Chatbot-System beruht.

 

Das Projekt verbindet historische Forschung, digitale Methodik und erinnerungskulturelle Vermittlung. Es eröffnet neue Perspektiven für die Analyse biografisch-narrativer Quellen, stellt Modelle für einen reflektierten und ethisch verantwortungsvollen Einsatz von KI in der Zeitzeugenforschung bereit und schafft eine nachhaltige Infrastruktur für Forschung, Bildung und Öffentlichkeit. Durch seine modulare Anlage ist KIZEQ flexibel auf unterschiedliche Kontexte ausgerichtet: von wissenschaftlichen Forschungsumgebungen bis hin zu schulischer und musealer Vermittlungsarbeit.

 

 

Projektteam

Dr. Thomas Grotum (Geschichte / SEAL)

Prof. Dr. Achim Rettinger (Computerlinguistik)

Prof. Dr. Benjamin Weyers (Informatik)

 

Projektkoordinator
PD Dr. Dr. Massimiliano Livi

 

Kontakt
KIZEQ-Projekt / SEAL
Universität Trier
Universitätsring 15

D-54295 Trier

kizeq@uni-trier.de

 

https://www.forschungsstelle-seal.de/projekte/kizeq-projekt/